Vor mehr als zweihundert Jahren wurde Hans Christian Andersen geboren. Der
Däne war ein großer Dichter, das Ereignis seines Lebens an sich „Poesie“, wie er
es selber formulierte. Seine Märchen bewegten sich zwischen Tag und Traum und er
war ein scharfsichtiger Kritiker der menschlichen Gesellschaft, die sich leider
oft als unmenschliche Gesellschaft präsentierte. Sein Märchen, „Des Kaisers neue
Kleider„ ,in dem sich der Kaiser vor dem Hofstaat nackt zeigte und von allen aus
Opportunismus gegenüber der Macht als modisch gekleidet untertänigst bewundert
wurde, karikierte in genialer Weise das Aufflammen des Zeitgeistes und die
Auswüchse von „Moden“ oder „Trends“. Ein neues Schild vor den alten Laden zu
hängen, ist keine wirkliche Innovation. Qualität zu reklamieren, bedeutet
überhaupt nichts, wenn man nicht definiert, welche Qualität damit gemeint ist.
Kulturelle Qualität bedeutet in erster Linie das Streben nach mehr
Wohlbefinden, das nur im Spannungsfeld zwischen Bewahren, Schaffen und Verändern
erfüllt werden kann. „Natur“ steht in direktem Gegensatz zu „Kultur“. Die
„Natur“ hat ihre Gesetzmäßigkeiten und Ordnungsprinzipien von Natur aus. Kultur
muss erst über Lernprozesse entwickelt und erfahren werden, wobei das Prinzip
Hoffnung, das wachsende Verständnis für Wert und Sinnhaftigkeit und das Wissen
um unsere Schwächen zu wichtigsten Triebfedern unseres Handelns werden sollten.
Ein wesentlicher Faktor von Kultur sind auch Traditionen, als überlieferte und
bewahrte Gesellschaftswerte. Dazu gehören auch Feste und Festzeiten, die zu
menschlichen Begegnungen führen und geführt haben.
Eines der bedeutendsten Feste des Christlichen Glaubens ist das
Weihnachtsfest, auf das sich auch Wien im Advent immer wieder mit großem
Enthusiasmus und ausgeprägter Vorfreude einstimmt. Advent heißt Ankunft und
kommt aus dem Lateinischen „ adventus domini“, Ankunft des Herrn, wo wir uns auf
das Christkind vorbereiten, das den lieben Nikolaus, jenen geheimnisvollen
Bischof von Myra, der die Bevölkerung aus einer Hungersnot gerettet haben soll,
als Gabenbringer noch weit übertreffen konnte.
Der Weihnachts- oder Christbaum wurde von dem jüdischen Bankier Arnstein 1810
in Wien eingeführt. Der Geheimpolizei war das ziemlich verdächtig und sie
beobachtete das damit verbundene Ritual mit äußerster Skepsis. Ein
Geheimpolizist berichtete darüber: „Bei Arnstein war, offenbar nach Berliner
Sitte ein Weihbaum- oder Christbaumfest. Alle eingeladenen Personen erhielten
Geschenke oder Souvenirs vom Christbaum. Es wurden komische Lieder gesungen.
Es wurde durch alle Zimmer ein Umgang gehalten mit den zugeteilten, vom Baum,
abgenommenen Gegenständen und man war bester Laune. Noch vieles andere, was in
Wien heimlich heimisch wurde, wurde unheimlich wienerisch und zur Wiener
Note.
Prof. Franz W. Strohmer
Dezember
2015