Da sich „Lernen mit Zukunft“ mit Lernen beschäftigt und wir uns heute und
auch in Zukunft damit auseinandersetzen sollten, wie das Zusammenleben
verschiedener Religionsgemeinschaften in Österreich nicht nur friktionsfrei,
sondern auch im ökumenischen Sinn „befruchtend“ sein sollte, habe ich mir
überlegt wie der Koran mit dem Karfreitag und Ostern umgeht.
In den Augen des Koran ist Christus ein Prophet und Gesandter Gottes.
Gesandte Gottes können aber nicht von Menschenhand, also gewaltsam getötet
werden. Der Koran hat keine Schilderung des Lebens Jesu, so wie wir das aus dem
Neuen Testament kennen, sondern der Koran hat hauptsächlich einzelne Sprüche
Jesu. Von daher gibt es keine Passionsgeschichte im Koran und auch keine
Darstellung dessen, was am Karfreitag passiert ist. Es gibt einen einzigen
sogenannten Kreuzigungsvers im Koran, in Sure Vers 157, und das sind wenige
Worte die so kryptisch sind, mit geheimnisvollen Charakter, dass die Ausleger
des Korans in all den Jahrhunderten unendlich viele Theorien zu diesem Thema
diskutiert haben, was denn nun tatsächlich gemeint sei.
Es gibt drei Haupttheorien, wie dieser Vers auszulegen sei. Die
Mainstream-Auffassung, der die meisten Muslime heute anhängen, besagt, dass
diese wenigen Koranworte bezeugen, dass Jesus nicht gekreuzigt wurde, sondern
ein Ersatzmann, ein Stellvertreter an seiner statt, sodass dann diese Verse so
zu übersetzen wären:
"Es wurde nicht er gekreuzigt, sondern ein anderer an seiner Stelle".
Natürlich gibt es, weil dieser Ersatzmann ja auch nicht explizit im Koran
erwähnt wird, wieder zahlreiche Spekulationen darüber, wer denn jetzt dieser
Ersatzmann gewesen sein soll, und da ist wiederum die häufigste Auffassung die,
dass es Judas gewesen sei. Das ist die Auffassung, die heute die allermeisten
Muslime vertreten, obwohl wie gesagt im Koran selber weder dieser Ersatzmann
erwähnt wird geschweige denn sein Name oder auch der Name Judas überhaupt
vorkommt.
Jesus war ein Mensch, ein Prophet und sogar Gesandter Gottes, der also nicht
gewaltsam getötet werden konnte. Es geht daher nicht darum, dass Jesus sterblich
ist, sondern es geht darum, dass Jesus nicht am Kreuz starb, weil das einem
Gesandten Gottes nicht passieren kann.
Wir sprechen heute viel von Flüchtlingen, vor der Gefahr des Islams, doch ich
bin überzeugt, wenn wir uns ein wenig mit den unterschiedlichen Anschauungen
beschäftigen, muss die Angst gar nicht so groß sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen geneigte Leserinnen und Leser, ein frohes
und gesegnetes Osterfest 2016!
Autor
Mag.
Jacques A. Mertzanopoulos
GF Arthur Hunt Human Resources
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